Geteiltes Leid ist halbes Leid - was eine gute Zimmernachbarin ausmachen kann

Die ersten Tage hatte ich eine Zimmernachbarin - sie war gerade in Rente gegangen, als sie ihre Diagnose bekommen hat (auch Leukämie, aber eine andere Art als ich - insofern unterscheiden sich unsere Therapieschemen/Dauer/Prognosen - sie bekommt zum Beispiel ganz andere Medikamente als ich) ...sie ist (mit ein paar Tagen Heimbesuch) seit November hier, also ein alter Hase, der mir viele Tipps gegeben hat, wie es hier so läuft und was ich alles beachten soll.

Ein Nachteil wenn man nicht alleine im Zimmer ist, ist natürlich, dass es ständig piept und jemand reinkommt, auch mitten in der Nacht, dann immer Licht an....Hier der absolute Geheimtipp: Schlafmaske!!! Da nervt zumindest das Licht nicht so. So richtig zur Ruhe kommt man auf jeden Fall nicht - die eine Nacht war wegen mir Halligalli, die andere Nacht wegen ihr.

Aber wenn die Chemie stimmt, dann ist es Gold wert, wenn man nicht alleine ist!

Am zweiten Abend im Zweibettzimmer wollte ich eigentlich ein bisschen früher schlafen gehen - es wurde dann aber doch etwas später - hab zwar schonmal ganz entspannt mit Schlafmaske und geschlossenen Augen  dagelegen, kam aber dann noch mal mit meiner Zimmernachbarin ins Gespräch. Wenn man so gemeinsam Ähnliches durchmacht verbindet es einen irgendwie und wir hatten tolle Gespräche über Gott und die Welt. Sie ist Sozialpädagogin und ich denke, wir haben in vielen verschiedenen Bereichen die gleichen Ansichten und Interessen (Corona, Klimakrise, Flüchtlinge, Interesse an anderen Kulturen und Ländern, Wertvorstellungen....) ich bin sehr froh, dass sie meine Zimmernachbarin ist und wir haben an dem Abend auch noch viel gemeinsam gelacht- in unserer aktuellen Situation hilft Galgenhumor 😉😃

Am Dienstag (18.01.2022) wurden meine Zimmernachbarin und ich morgens ein bisschen überrumpelt – die "Wahlleistungsstation" macht heute wieder auf – sie als ehemalige Beamtin hat da ein Anrecht drauf und immer von dieser Station geschwärmt… „ Das ist was ganz Anderes. Das ist ein bisschen wie zu Hause sein, statt Krankenhaus!“ Die Zimmer sollen sehr schön sein, ähnlich wie ein Hotelzimmer, der Service wäre wohl viel besser (immer dieselbe Putzfrau und dasselbe Service-Personal, wo, man sich sein Essen täglich quasi fast á la Carte zusammenstellen kann) – und vor allem: mehr Pflegekräfte auf weniger Patient*innen. Die Station war jetzt wohl einige Wochen geschlossen, wegen Pflegepersonalmangel. Corona-Patienten gibt es aktuell anscheinend gerade kaum welche im Diak (nur 1-2), aber es mangelt eben an Pflegepersonal.

Keine 3h, nachdem wir davon erfahren haben, wurde Sie verlegt – ich glaube, gerade Sie wusste gar nicht so recht, wie sie sich fühlen sollte – auf der einen Seite Freude, dass sie wieder auf die "Luxusstation" darf – aber irgendwie hatten wir uns schon so aneinander gewöhnt und zu Zweit ist vieles ja doch einfacher. Wir haben unsere WhatsApp-Nummern ausgetauscht und uns versprochen, uns gegenseitig zu Besuchen (sind ja nur 2 Stockwerke) – und die Station muss ich mir auf jeden Fall mal anschauen! Hab ihr ein paar Plastik-Blumen aus meinem Plastikstrauß (auf dem Zimmer dürfen wir keine echten Pflanzen haben, wegen den Keimen) geschenkt – ich habe ihre Gourmet-Saft-Sammlung vererbt bekommen (die in ihrem Service enthalten ist) und dann war ich hier allein und es war ganz still…. Ihr Lebensgefährte ist Italiener, er war jeden Tag ab ca 2 da – auch ein ganz Netter!, und sie haben sich hauptsächlich auf Italienisch unterhalten – ich hab in der Woche echt immer mehr verstanden – hatte mich schon gefreut, dass ich hier auch noch einen Gratis-Italienisch-Kurs bekomme! Die Beiden haben ein Haus in der Toskana (wohin sie übrigens gerade unterwegs waren, als bei ihr im November der Anruf ihrer Hausärztin kam „was, Sie sind auf der Autobahn nach Italien? Drehen Sie sofort um und kommen Sie zu mir in die Praxis! Das überleben Sie sonst nicht!!!“) Ich war mal so frei und hab mich selbst in die Toskana eingeladen – wenn wir das beide dann mal überstanden haben!

Tatsächlich schreiben wir nach wie vor jeden Tag per WhatsApp, vielleicht klappt es morgen, dass Sie mich besuchen kommt - ich soll/darf ja gerade leider die Station nicht verlassen.
Und ich bin ihr wirklich dankbar für die ersten Tage, wo sie mich auch ein bisschen an die Hand genommen hat und mir gezeigt hat, wie es hier so läuft.

Seitdem bin ich alleine in dem Zimmer - mal schauen, wie lange. Ich habe mir wenigstens gleich den Fensterplatz gekrallt - da kann ich vom Bett aus die Sonne sehen und ich habe noch die Fensterbank als Ablage. Ich habe übrigens auch eine Premiumsicht auf den Hubschrauberlandeplatz - allerdings ist bisher noch keiner gelandet. Eigentlich gut so - aber wäre natürlich schon spannend, das mal mitzubekommen... Was im Ersten Moment hart war: Ich hab aber auch den Blick auf den Weg, wo es zum Kreissaal geht….und wo dann die frisch gebackenen Eltern (wie mein Mann und ich vor gut 1 ½ Jahren….) ihre Lieblinge mit der Babyschale abholen, um nach Hause zu gehen… Freud und Leid liegt oft so nah beieinander……

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