Verrückt, was einem dann letztendlich den Boden unter den Füßen wegzieht….
Heute ist viel passiert. Morgens hatte ich nochmal eine Ultraschall-Untersuchung, weil ich die letzten Tage ja immer leichte Bauchschmerzen hatte und jetzt wohl auch an Gewicht verliere. Hat mir irgendwie nur niemand gesagt! Um 7 kamen meine Medikamente, ich hab dann schonmal mein Pantoprazol genommen – das muss man ja 30min vor dem Essen nehmen. Und dann kam aber irgendwie niemand mit dem Frühstück. Und ich hatte aber langsam Hunger! Also hab ich aus meinem Bananen-Vorrat schonmal angefangen eine Banane zu essen und um 7.45 Uhr hab ich dann doch mal geklingelt – ob ich heute denn kein Frühstück kriege?! Die Schwester dann so „sie haben doch nachher Ultraschall, dazu müssen Sie nüchtern sein!“ Ich nur – „Davon weiß ich nichts...zu spät!“ und heb die Bananenschale hoch…..Naja, Ultraschall ging auch so. Und sieht wohl alles sehr gut aus, ich solle mehr trinken/ krieg extra Infusionen Flüssigkeit.
Zurück auf dem Zimmer hab ich
dann mein Frühstück bekommen – mein Mann hatte mir gestern ein Glas
selbstgemachte Erdbeermarmelade mitgebracht (Geheimtipp: Erdbeermarmelade einfrieren
und bei Bedarf auftauen – so bleibt sie frisch!) und ich habe genüsslich mein
Brötchen gegessen, meine ehemalige Zimmernachbarin kam auch noch auf ein
Schwätzchen vorbei – uns beiden geht es heute viel besser! Mein wunder Mund ist zum Beispiel viiiel besser!
Außerdem hab ich wieder viel Post
bekommen! 😊 Alle Post auf der Station war wohl für mich!
😊 (die armen anderen..)
Dann habe ich den endgültigen Befund
meiner Knochenmarks-Untersuchung bekommen – also die genaue Genetik. Wenn ich
es richtig verstanden habe, dann hab ich den Karyotyp 46,XX (das müsste der
Wildtyp sein?!), mit den Mutationen FLT-3-ITD (deswegen bekomme ich ja die
teuren Rydapt-Tabletten, die sind nämlich FLT-3-Inhibitoren) und NPM1
(Mutationstyp D). Und meine Blasten zeigen uA die CD33-Antigene, deswegen habe
ich ja das teure Antikörper-Konjugat bekommen. Insofern hat sich da jetzt nicht mehr viel geändert.
Was bedeutet das für mich? Ich
bin damit im intermediären Risiko. Die Anfangs-Prognose von 80-85% Chance auf
Heilung – so gut sieht es nicht mehr aus (ich hab ehrlich gesagt nicht gefragt,
wie der Prozentsatz jetzt ist – ich weiß auch gar nicht, ob ich das wissen will - kann da ja eh nichts ändern! Und Prognose und Outcome sind ja zwei komplett unterschiedliche Dinge!)
– aber wie gesagt, intermediäres Risiko und nicht hohes Risiko – könnte also auch
schlechter aussehen. Und wie die Chemo jetzt tatsächlich angeschlagen hat,
dafür ist es noch früh. Aber die Oberärztin war sehr zufrieden mit meinem
Ultraschall. Blutwerte sind nach wie vor ziemlich unten (wie erwartet) – ich bekomme
gerade auch Blutkonserven – heute 2, plus noch extra Thrombozyten (Wieder ein
Grund, um allen Blutspender*innen zu danken!!!!), danach müsste es mir dann
körperlich auch nochmal besser gehen (wobei ich mich körperlich heute
eigentlich schon ziemlich gut fühle – auf jeden Fall deutlich besser als die
letzten Tage!)
Mit intermediärem Risiko wartet man
auch erstmal die Ergebnisse ab – wahrscheinlich reicht Chemotherapie. Aber sie
werden trotzdem, zur Sicherheit, schonmal alles für eine Stammzelltransplantation
vorbereiten, falls die doch nötig sein sollte. Man wird also mal in den
Datenbanken schauen, ob es eine/n geeignete/n Spender*in für mich gibt. Also
hier der Ideale Platz zum Aufruf: Registriert euch bei der DKMS und werdet Stammzellspender*in!!!!
Das ist wirklich super easy, hab ich vor ein paar Jahren gemacht – einfach
auf dkms.de gehen, registrieren, Fragebogen ausfüllen, dann kriegt man ein
Wattestäbchen zugeschickt, womit man sich auf der Wangeninnenseite rumfährt und
schickt es wieder zurück – das wars erstmal!!! Tut niemandem weh! Aber kann
verdammt viel helfen! 😊
Beim Mittagessen hab ich gemerkt, dass meine Haare anfangen auszufallen. War ja angekündigt. Ich werde
Tabularasa machen- die Vorstellung, morgen aufzuwachen und mein ganzes
Kopfkissen ist voller Haare finde ich ehrlich gesagt schlimmer, als jetzt
direkt mit dem Trimmer ran - so hab ich auch die Kontrolle! Nachher kommt mein
Mann, eigentlich trimme immer ich ihm die Haare- jetzt darf er mal bei mir. Könnte
vielleicht ganz witzig werden- vielleicht machen wir erstmal einen Iro?! Ich
schicke dann (Zwischen)Ergebnisse! Und dann geh ich back to the roots und werde
mir schön im Afrika- Stil Tücher um den Kopf wickeln- ich glaube das wird gut!
(Nachtrag: das hat echt Spaß gemacht! Und ich bin zufrieden mit dem
Ergebnis!!! Und hat mich wunderbar abgelenkt!)
All diese Neuigkeiten, mit denen
komme ich ganz gut klar.
Aber dann hat die Ärztin mal
meinen ZVK (Zentralvenenkatheter – der Zugang am Hals, von dem ich so
begeistert bin) noch untersucht und er ist ein bisschen gerötet – tatsächlich brennt
er als seit gestern Nacht ein bisschen. Wir warten jetzt mal noch einen Tag ab –
aber wenn das nicht besser wird, dann muss er raus! Und dann wird für die
restliche Zeit vor dem nächsten Zyklus kein neuer gelegt – sprich: das ganze
Blut, was sie mir aktuell mehrmals täglich abnehmen, die Antibiotika und Thrombozyten-
und Blut-Konserven, die ich gerade ständig bekomme – das wird dann alles über
Armbeugen/Handrücken gemacht, mit ganz vielen Nadeln… und da war sie, die große
Angst!!! Meine Angst vor Nadeln hat sich zwar in den letzten Jahren deutlich
verbessert – als mal Blut abnehmen ist auch kein Problem – aber die
Vorstellung, mehrmals am Tag Blut abgenommen zu bekommen oder einen Zugang
gelegt zu kriegen – da steigt die Panik in mir hoch! Allein mein Antibiotikum
bekomm ich ja schon 3x täglich! Blut wird jeden Morgen abgenommen. Ich brauch
gerade fast jeden Tag Thrombozyten oder Vollblut – danach wird auch immer
nochmal Blut zur Kontrolle abgenommen…Immer ein bisschen angespannt zu sein,
wenn jemand reinkommt, was er/sie von mir will… Ich hoffe wirklich, dass er drinbleiben
kann! Auf der anderen Seite ist mir klar – wenn der entzündet ist, dann MUSS er
raus, das ist sonst zu gefährlich bei meinem aktuellen Immunsystem! Und ich
weiß auch, dass ich das überstehen werde – aber das wird dann eine schwere,
unangenehme Woche.
Schon verrückt, was einen dann
letztendlich aus der Bahn wirft.
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